Zeitraum: 22.-24. Juni 2017, Gdańsk, Kampus Oliva
Im Blickfeld der Tagung liegen die transkulturellen Verflechtungen innerhalb des Adels im Preußenland im Zeitraum vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Das Preußenland wird zum einen als eine historische Landschaft betrachtet, zum anderen als einer aus verschiedenen Subregionen bestehender Grenzraum. Dabei kann man die Situierung im Grenzraum in diesem Falle unterschiedlich reflektieren, von der Kontaktzone der Kulturen, über die Lage an der Schnittstelle von West- und Osteuropa bis zum Status einer historischen Region, die heute unter verschiedene Nationalstaaten geteilt ist.
Plakat
Abstracts Adel im Grenzraum
Die von fließenden Grenzen und von der wechselnden staatlichen Zugehörigkeit geprägte Lage wirkt bis in die Gegenwart nicht selten in Form von Phantomgrenzen, aber auch in diversen Legitimationsbezügen nach. Der Adel in Preußen wird dabei in seinen europäischen und transregionalen Verflechtungen sowie im Kontext wechselnder Herrschaftsverhältnisse betrachtet. Von Heterogenität der Erfahrungen und der sozialen Strategien gekennzeichnet, bildete er in dieser landwirtschaftlich geprägten Region bis 1945 die gesellschaftliche Elite, die über vielfache interne Differenzierungen hinweg die Kategorie der ‚Adligkeit‘ verband.
In den Blick der interdisziplinären Reflexion geraten gerade die Überschneidungspunkte – Akteure, Institutionen und Bereiche, in denen es über „klassische“ nationale Binärpositionierungen und Dichotomisierungen hinweg zur Intensivierung interkultureller Wahrnehmungen und Transfers gekommen ist, und an denen es demzufolge Raum sowohl für Hybridisierungen als auch für Kategorisierungen entstehen konnte. Dabei soll untersucht werden, auf welche Art und Weise Mobilität, grenzüberschreitende Familienbeziehungen oder auch längerfristiges Exil zur Herausbildung von transnationalen Verflechtungen und interkulturellen Wahrnehmungen, oder aber zu neuen sozialen, kulturellen und nationalen Abgrenzungen und Distanzierungen führten.
Der erste zielt auf das Dazwischen und das Durcheinander, sowie Ineinanderübergehen kultureller Phänomene innerhalb des Adels in Preußen, zugleich aber auf Abgrenzung und Distanzierung unter Bezugnahme auf kulturelle Phänomene. Die Fragestellung bezieht sich auf die textuellen Konstruktionen von individuellen und kollektiven Selbstbeschreibungen von Vertretern des Adels, die das Spannungsverhältnis von divers en kollektiven wie individuellen Identitäten und Identitätsverflechtungen thematisieren. Im Mittelpunkt des Interesses stehen daher u.a. raumbezogene Selbst- und Fremdzuschreibungen sowie Markierungen von kultureller Differenz, die mit den funktionierenden gesellschaftlichen Konstruktionen interagieren. Dies umfasst auch Raumbezüge in kollektiven Erinnerungsnarrativen, u.a. im Hinblick auf Familiengedächtnis zum einen, ‚mental maps‘ zum anderen, vermittelt etwa durch Phänomene der ‚Postmemory‘.
Da man hinsichtlich der Geschichte des Preußenlandes von mehreren historischen Zäsuren sprechen kann, zielt der nächste Themenbereich auf den Aspekt der Liminalität. Es handelt sich daher um kollektive und individuelle Selbstinszenierungen, die in den Bereich der Übergangsphase fallen bzw. die Schwellenphase(n) reflektieren.
Die geplante Tagung hat einen sowohl praxisorientierten als auch theoretischen Austausch zum Ziel. In den Blick genommen werden deshalb Fallstudien genauso wie Operationalisierungen bereits funktionierender Typologien und Konzepte. Auch punktuelle, kontextuelle und komparative Ausblicke auf die weiteren historischen Regionen Mitteleuropas werden begrüßt.